
Wir entfesseln die Wirtschaft? – Mit guter Arbeit für alle Kolleg:innen!
Auch wenn ein Trend zum Anstieg der Arbeitslosigkeit erkennbar ist, ist der Arbeitsmarkt in Thüringen momentan noch relativ stabil. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach Fach- und Arbeitskräften ungebrochen hoch, wenn auch geringfügig niedriger als beispielsweise im vergangenen Winter. Dennoch drohen sich die Krisen der vergangenen Jahre auf den Arbeitsmarkt auszuwirken und führen zu wachsender Unsicherheit. Dabei bestehen nach wie vor strukturelle Probleme am Thüringer Arbeitsmarkt. Das Lohnniveau liegt deutlich unter dem westdeutscher Länder. Überproportional viele Menschen haben von der Einführung und den Erhöhungen des Mindestlohns profitiert. So wirksam der Mindestlohn vor diesem Hintergrund auch erscheint und so sehr sich seine Notwendigkeit bestätigt, bedeutet dies gleichzeitig, dass ein Drittel der Arbeitnehmer:innen in Thüringen nach wie vor im unteren Einkommenssegment beschäftigt ist.
In den letzten 15 Jahren hat die SPD in der Landesregierung wichtige Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen, zur Stärkung der Beschäftigungsfähigkeit sowie zur Begleitung in Ausbildung und Arbeit umgesetzt. Für uns ist klar: Wir nutzen alle Möglichkeiten, um auch auf Landesebene für Gute Arbeit und gute Löhne zu sorgen. Fach- und Arbeitskräfte durch Tarifbindung und Mitbestimmung für die Zukunft zu gewinnen – mit diesem Anspruch beteiligen wir uns auch an der aktuellen Regierung.
Die CDU hat schon in den letzten 10 Jahren deutlich gemacht, dass sie die Stärkung sozialer Kriterien eher als Bürokratie, denn als Beitrag für ein gutes Leben betrachtet. Ob das BSW ein verlässlicher Partner in der Koalition für die Arbeitnehmer:innen sein wird, bleibt noch offen. Umso deutlicher muss sich die Thüringer SPD in der Landesregierung, im Parlament und landesweit für die Arbeitnehmer:innen einsetzen und Partnerin der Gewerkschaften sowie der Sozial-, Jugend- und Familienverbände für soziale Gerechtigkeit sein.
Dafür braucht es:
- Ein Bekenntnis zum Ladenöffnungsgesetz als Instrument zur Gestaltung von Arbeitsbedingungen: In den vergangenen 10 Jahren haben wir als Sozialdemokrat:innen gemeinsam mit aktiven Betriebsrät:innen, Kolleg:innen und Gewerkschaften das Gesetz gegen Angriffe der Opposition, der Kammern und Wirtschaftsverbände verteidigt. Wir stehen zu den zwei freien Samstagen und gegen die Ausweitung der Sonntagsöffnung. Änderungen am Ladenöffnungsgesetz, beispielsweise für die Aufnahme sogenannter 24-Stunden-Läden, müssen immer die Interessen der Beschäftigten sowie das Recht auf kommerzfreie Räume berücksichtigen. Gerade mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit des inhabergeführten Einzelhandels und die Lebendigkeit der Thüringer Innenstädte ist bei einer Novelle eine Reduzierung der Öffnungszeiten notwendig. Dies verbessert nicht nur die Beschäftigungsbedingungen, sondern stärkt auch die regionale Wirtschaft.
- Mit der Einführung des Vergabegesetzes hat Thüringen eine Vorreiterrolle eingenommen. Ziel war und bleibt es, das Vergabegesetz als Instrument zur Verbesserung der Arbeits- und Einkommensbedingungen zu nutzen. Verkürzten Debatten über Bürokratieabbau zur vermeintlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation schließen wir uns nicht an. Das Vergabegesetz setzt Standards, deren Erhalt wir sichern werden. Die Beibehaltung des vergabespezifischen Mindestlohns ist dabei ebenso wichtig wie die Sicherstellung, dass der Geltungsbereich nicht weiter eingeschränkt wird, z. B. durch weitere Anhebung der Schwellenwerte. Vielmehr muss das Vergabegesetz gestärkt und beispielsweise auch auf Kommunen ausgeweitet werden.
- Gute Arbeit ist mitbestimmt. Aus diesem Grund setzen wir uns für eine Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung ein. Der öffentliche Dienst hat eine Vorbildfunktion. Deshalb haben wir die Allzuständigkeit der Personalvertretungen im Personalvertretungsgesetz verankert. Es liegt in der Verantwortung der Landesregierung, diese in den kommenden Jahren auch im Handeln der Dienststellen umzusetzen. Wir werden die konsequente Umsetzung begleiten und stellen uns gegen jeden Angriff auf die Mitbestimmung. Wir fordern zudem die Einrichtung einer Sonderabteilungen der Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, um die betriebliche Mitbestimmung zu stärken und Straftaten zum Nachteil von Betriebsverfassungsorganen effektiver zu verfolgen.
- Die Landesarbeitsmarktprogramme haben seit ihrer Einführung vielen Menschen mit unterschiedlichen Problemlagen geholfen. Aus den unterschiedlichsten Gründen können Menschen auf dem Arbeitsmarkt keinen Fuß fassen, z.B. weil sie (leider noch viel zu oft in Thüringen) ohne Abschluss die Schule verlassen oder aus anderen Ländern nach Thüringen kommen und keine anerkannten Abschlüsse haben. Gerade wenn der Druck auf den Arbeitsmarkt steigt, erhöht sich der Druck auf genau diese Gruppen. Unsere Arbeitsmarktprogramme unterstützen sowohl die Menschen als auch die Unternehmen, die dringend Fach- und Arbeitskräfte benötigen. Diese Programme dürfen kein Sparschwein für die Landesregierung sein. Sie müssen erhalten und kontinuierlich an den Bedarf der Menschen und des Arbeitsmarktes angepasst werden.
- Die Transformationsförderung muss sich an Kriterien Guter Arbeit ausrichten, um Beschäftigten in Thüringen Sicherheit während des Wandels zu bieten. Wir fordern daher, Wirtschaftsförderung, insbesondere Mittel aus dem Transformations-, Technologie- und Innovationsfonds, mit Standort- und Beschäftigungsgarantien sowie einem klaren Bekenntnis zur Tariftreue zu verbinden.
- Zudem braucht es eine umfassende Qualifizierungs- und Innovationsstrategie für Arbeitnehmer:innen, insbesondere für jene, die in besonders von Dekarbonisierung betroffenen Branchen arbeiten. Dazu ist die Verstetigung der Transformations- und Technologieberatungsstelle Thüringen notwendig. Daneben sind arbeits- und sozialrechtliche Beratungsstellen, wie die Projekte „Faire Mobilität“ und „Faire Integration“ für Arbeitnehmer:innen mit Sprachbarrieren zu verstetigen.
- Wir unterstützen die Etablierung einer Arbeitnehmer:innenkammer. Diese Kammer soll arbeitsorientierte Erstberatungsangebote sowie arbeitnehmer:innenorientierte Bildungsangebote in Abstimmung mit bestehenden Einrichtungen und Strukturen anbieten. Darüber hinaus soll sie Politikbegleitung und -beratung in arbeits- und sozialorientierten Themenfeldern ermöglichen und so die Sichtbarkeit der Arbeitnehmer:innenperspektive stärken.
- Gute Bildung: Die Schaffung von Chancengleichheit in allen Bildungseinrichtungen, vom Kindergarten über Schulen, Berufs- und Hochschulen bis zur Erwachsenenbildung, ist Ziel unserer Politik. Der Auf- und Ausbau von Kita- und Schulsozialarbeit, die Verbesserung der Personalschlüssel, die Stärkung des längeren gemeinsamen Lernens sowie der Ausbau von Ganztagsschulen sind genauso notwendig wie die ausnahmslose Umsetzung der 5-tägigen Bildungsfreistellung für alle Beschäftigten in Thüringen.
- Politische Bildung und Demokratiearbeit sind notwendiger denn je, um Freiheit und Chancengleichheit als Grundlage unseres Zusammenlebens zu sichern. Diskriminierendes Verhalten, rassistische und rechte Gewalt sind große Herausforderungen für Demokratie und Menschenwürde. Wir brauchen deshalb ein Demokratiefördergesetz in Thüringen.
- Die soziale Infrastruktur Thüringens ist entscheidend für ein funktionierendes und gerechtes Gemeinwesen sowie die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben. Wir fordern eine auskömmliche Finanzierung und Planungssicherheit für den Sozial-, Bildungs- und Gesundheitssektor sowie deren gemeinnützigen Träger durch eine Landesförderung, die gute Arbeitsbedingungen und tarifliche Löhne gewährleistet. Förderprogramme wie örtliche Jugendförderung, LSZ, Agathe oder ThINKA müssen verstetigt und ausgebaut werden.